Hinspüren statt "weg"essen - sprechen wir über Emotionen!

Frau mit langen grauen Haaren meditiert am Boden in einer Wohnung

Darf man eigentlich auch mal unglücklich sein? Die Antwort ist natürlich Ja!

Ich vermittle sicher manchmal den Eindruck, dass ich immer nur happy und gut drauf bin. Das stimmt natürlich nicht. Und ich habe gelernt, diese weniger glücklichen Phasen in meinem Leben auch anzunehmen. Im sicheren Wissen, dass sie wieder vorbeigehen und dass ich keine Angst davor haben muss, für immer schlecht drauf zu sein.

Mache dir selber keinen Druck, wenn es dir mal nicht so gut geht. Das ist einfach menschlich und gehört zum Leben.

Und die Zeiten sind auch wirklich gerade nicht einfach. Es ist normal, dass das jeden von uns beeinflusst - den einen mehr, den anderen weniger.

Aber wie können wir mit unangenehmen Gefühlen wie Angst, Traurigkeit, Wut oder Einsamkeit umgehen, sodass sie uns nicht an einem erfüllten, glücklichen Leben hindern?

Was viele von uns machen, ist diese Gefühle zu unterdrücken oder zu verdrängen, das haben wir oft schon in der Kindheit gelernt.

Das geht etwa mit Essen sehr gut, aber auch mit Fernsehen, durch Instagram oder Facebook zu scrollen, shoppen gehen, arbeiten und mehr.

Kennst du das?

Unterdrücken, verdrängen, ablenken - Traurigkeit "weg"essen, den Ärger "weg"shoppen, uns von der Angst mit Fernsehen abzulenken -, all das funktioniert nur vorübergehend. Nach dem Essen oder Shoppen sind die unangenehmen Gefühle immer noch da, häufig noch begleitet von einem schlechten Gewissen oder einem Völlegefühl.

Die Achtsamkeitslehre gibt uns Hinweise, wie wir anders mit solchen Gefühlen umgehen können. Achtsamkeit bedeutet kurz gesagt, dass wir wahrnehmen, was in uns passiert, von Moment zu Moment. Dass wir bewusster sind und uns im Körper verankern. Und - ganz wichtig - dass wir nicht bewerten oder verurteilen, was wir da beobachten.

Wenn du das nächste Mal ein unangenehmes Gefühl spürst, probiere mal Folgendes aus:

Nimm dir ein paar Minuten Zeit und wende dich deinem Gefühl zu, statt dich abzuwenden. Das geht so:

Spüre in deinen Körper hinein, wenn du dich ärgerlich, traurig, wütend, verzweifelt, verlassen oder ängstlich fühlst. Wo genau spürst du dieses Gefühl? Im Bauch, in der Brust, im Kopf?

Dann lenke deine Aufmerksamkeit liebevoll in den Teil deines Körpers, wo du etwas bemerkst. Beobachte diese körperliche Empfindung und lasse sie zu. Ohne sie zu bewerten oder zu verurteilen. Einfach da sein lassen und atmen. Du kannst sie auch benennen, "Aha, da ist ein Stechen, das darf jetzt da sein", "Ah, ein Ziehen im Bauch, in Ordnung".

Wenn du das tust, wirst du merken, dass die unangenehme Empfindung langsam weniger wird.

Weil du ihr Raum gibst und sie da sein darf.

Ich möchte dir ein Beispiel von mir erzählen:

Ab und zu bekomme ich E-Mails von Menschen, die meine Arbeit kritisieren. Wenn ich diese Mails lese, fängt mein Herz an schneller zu klopfen und in meinem Magen wird es ganz flau. Meine Atmung wird ganz flach.
Dann lege ich meine Hand auf mein Herz und die andere auf meinen Bauch und beginne, bewusst zu atmen. Ich sage zu mir in Gedanken: "Ah, mein Herz klopft schneller, in Ordnung, liebes Herz, das darfst du. Es ist ok. Es ist jetzt gerade schwer, das darf sein." Ich konzentriere mich in meinen Körper und bestätige liebevoll, dass alle Empfindungen in Ordnung sind und so da sein dürfen. Ich beobachte, wie sich diese Empfindungen verändern. Nach einer Weile werden sie normalerweise sanfter und verschwinden dann ganz. Danach wende ich mich wieder meinen E-Mails zu.

Natürlich kann man solche Gefühle und Empfindungen auch einfach unterdrücken und darüber hinweggehen - nur werden sie dann im Laufe der Zeit immer stärker. Mehr Angst, mehr Wut, die dann plötzlich explodieren kann.

Das kannst du dir so vorstellen:
Unterdrückte Gefühle gehen in den Keller und trainieren dort ihre Muskeln, damit sie bei der nächsten Gelegenheit umso stärker wieder hervorkommen können. (Dieser Vergleich ist aus dem Buch "Der achtsame Weg zum Selbstmitgefühl" von Christopher Germer.)

Hast du das schon einmal erlebt? Ich schon.

Gefühle alleine führen nicht zu Problemen, erst wenn wir gegen sie kämpfen, sie dauerhaft unterdrücken oder uns in ihnen suhlen, also an ihnen festkleben und sie nicht loslassen können.

Das Schöne ist, dass wir den gesunden Umgang mit Gefühlen üben können. Dann wirst du merken, dass kein einziges Gefühl ein Problem für dich sein muss, egal wie unangenehm es ist. Das ist sehr befreiend! Und du brauchst Essen, Shoppen oder Fernsehen nicht mehr als Ersatz zu verwenden, sondern kannst einen bewussteren und genussvolleren Umgang damit finden.

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