Schlechte Kohlenhydrate, gute Kohlenhydrate... die Sicht der TCM auf Low Carb

Getreidekörner in Schüsseln

Immer wieder höre ich folgende Frage von meinen LeserInnen und TeilnehmerInnen der Onlinekurse:

"Am Morgen Porridge, zu Mittag Reis, am Abend Polenta - ist das nicht zu viel Getreide an einem Tag?"

Dazu möchte ich dir ein Zitat aus dem Buch "Ernährung nach den 5 Elementen" von Barbara Temelie (einer Pionierin der TCM-Ernährung im deutschsprachigen Raum) vorstellen (S. 70):

"Für den betagten chinesischen Professor Leung Kok Yuen aus Kanada gilt eine strenge Regel. Eine gesunde Ernährung setzt sich folgendermaßen zusammen: 70 % Getreide, 15 % gekochtes Gemüse, 5 % Rohkost, 5 % Fleisch oder Fisch, 5 % Milchprodukte und sonstiges."

Was denkst du, wenn du das liest?

Ich nehme mal an, du denkst, wow, das sind aber wirklich zu viele Kohlenhydrate. Das kann nicht gesund sein.

Barbara Temelie schreibt übrigens gleich im Anschluss, dass sie niemanden zu dieser Zusammensetzung seiner Ernährung überreden will. Ernährung ist sehr individuell und du kannst dich auch mit weniger Getreide sehr gut nach der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) ernähren.

Eines steht jedoch für mich fest: Getreide (und damit Kohlenhydrate) hat in der TCM-Ernährung einen eindeutig höheren Stellenwert als bei uns im Westen. (Und Rohkost einen niedrigeren, aber das ist ein anderes Thema.)

Gekochtes Getreide hat nach der TCM folgende positive Wirkungen:

  • Es baut Qi (unsere "Lebensenergie") auf.
  • Es ist thermisch vorwiegend neutral, sanft kühlend (z.B. Hirse) bis sanft wärmend (z.B. Hafer), und damit sowohl für Kälte- als auch Hitzetypen geeignet.
  • Es stärkt besonders unsere Verdauung (Milz-Qi und Magen-Qi), die als "Wurzel der Gesundheit" gilt.
  • Es leitet pathogene Feuchtigkeit aus dem Körper aus (alle außer Weizen). Beispiele: Ödeme, Akne, erhöhtes Cholesterin

Insgesamt gilt gekochtes (!) Getreide als stärkend und sehr bekömmlich und ist deshalb eine gute Basis für eine Mahlzeit.

Getreide ist nicht Getreide - es geht um die Verarbeitung

Wichtig ist zu verstehen, dass die TCM nicht jede Form von Getreide empfiehlt.

Es geht um die Verarbeitung! 

Regel Nr. 1

Je stärker ein Getreide vermahlen ist, desto weniger empfehlenswert ist es nach der TCM.

Weizenkörner wirken zum Beispiel befeuchtend und kühlend und beruhigen gereizte Nerven. Als Weißmehl hingegen wirkt Weizen verschleimend und wärmend, und führt so zur Entstehung von "Feuchter Hitze" im Körper (46 Merkmale für pathogene Feuchtigkeit in deinem Körper - und die wichtigsten Ernährungstipps). 

Koche dein Getreide!

Wenn du schon etwas über die TCM weißt, dann kennst du diese Regel schon: Gekochte Mahlzeiten unterstützen unseren Körper und unsere Verdauung und liefern viel mehr Qi als rohes Essen.

Regel Nr. 2

Kochen macht das Getreide bekömmlicher. So kann es seine wohltuende Wirkung ideal entfalten.

Die positiven Wirkungen von Getreide nach TCM gelten vorwiegend für den gekochten Zustand. 

Kannst du die Körner verdauen?

Das ist die Einschränkung zur Regel Nr. 1.

Ganze Getreidekörner sind schwer verdaubar. Dazu brauchst du ein starkes Milz-Qi, also eine sehr gut arbeitende Verdauung. Durch unsere sitzende Lebensweise, die viele Industriekost, Zucker, zu viel Rohkost, unregelmäßige Mahlzeiten, Stress etc. haben aber die meisten von uns eher ein schwaches Milz-Qi.

Deshalb empfehle ich nur bei sehr guter Verdauung, ganze Weizenkörner, Dinkelkörner, Gersten- oder Haferkörner zu kochen. Je länger du die Körner kochen lässt, desto besser verdaubar werden sie (vorhergehendes Einweichen hilft auch).

Flocken und Grieß, Couscous und Bulgur sind für die meisten Menschen bekömmlicher.

Dasselbe gilt für Vollkornreis und weißen Reis. Weißer Reis in guter Qualität ist nach TCM sehr empfehlenswert, liefert viel Qi und baut das Milz-Qi auf.

Empfehlenswert sind auch folgende Getreide und Pseudogetreidearten:

  • Amaranth (gepoppt leichter bekömmlich als die ganzen Körner)
  • Buchweizen (Achtung bei Hautproblemen wegen des Farbstoffs (allergenes Potenzial))
  • Hirse
  • Polenta
  • Quinoa

Tipps:

  • Achte auf deine Verdauung! Wenn dir bestimmte Getreidearten im Magen liegen oder zu Blähungen, Verstopfung etc. führen, dann lasse sie lieber weg. Oder reduziere die Menge.
  • Eine weitere Methode, die Verdaubarkeit zu steigern, ist das Einweichen über mehrere Stunden (z.B. über Nacht).
  • Iss bei Verdauungsproblemen nur eine Sorte Getreide. Je mehr Sorten du mischt, desto schwerer bekömmlich wird es. (Wie es in vielen fertigen Frühstücksmischungen der Fall ist.)

Spezialfall Brot

Brot besteht aus Mehl, hat also nicht die wertvolle Wirkung des Getreides (siehe Regel 1). Durch die Zugabe von Hefe (wirkt befeuchtend) wird die Bekömmlichkeit zusätzlich erschwert.

Brot gilt prinzipiell als qi-arm und befeuchtend/verschleimend, außerdem ist es schwer verdaubar.

Ich empfehle meinen KlientInnen gerne ein Experiment: 

Verzichte für 1 Woche auf Brot und iss stattdessen gekochte Speisen! Dann schau, wie es deiner Verdauung geht.

Achtung: Industriebrot

Bei dem Brot, das du im Supermarkt oder der Bäckerei bekommst, werden oft fertige Mischungen verwendet. Das Ziel ist, dass das Brot möglichst schnell fertig wird und als "frisch" verkauft werden kann. 

Bei traditionell hergestelltem Brot ist ausreichend Zeit ein wichtiger Faktor. Getreide wird eingeweicht, das Mehl hat Zeit zu "gehen". Dabei findet eine Fermentierung des Getreides statt, was es um vieles bekömmlicher macht. So kann es einen ganzen Tag dauern, bis das Brot fertig ist.

Eine Form des Fermentierens ist zum Beispiel die Zubereitung mit Sauerteig. Deshalb empfehle ich, Sauerteigbrot zu kaufen (Bio) oder selber zu machen. 

Hier findest du weitere Tipps zum Umgang mit Brot.

Wie immer in der TCM gilt: Es gibt keine Verbote. Weniger Brot zu essen oder es mit Suppe statt Rohkost/Wurst/Käse zu kombinieren, tut deinem Körper auch schon sehr gut.

Schlechte Kohlenhydrate - Zucker und Weißmehl!

Das ist die Antwort auf den Titel dieses Artikels.

Regel Nr. 3:

Ja, es gibt wirklich schlechte Kohlenhydrate, nämlich Zucker und Weißmehl. 

Aber auch die kannst du in Maßen (!) genießen, ohne dass sie dich krank machen. Die Menge, die du davon vertragen kannst, musst du selber festlegen. 

Achte dabei auf die Signale deiner Verdauung, dein Bauchgefühl, deinen Energielevel nach dem Essen und wie es deinem Immunsystem geht.

Bist du oft krank, fühlst du dich schlapp und hast Verdauungsprobleme? Dann wird es dir wahrscheinlich sehr gut tun, Zucker und Weißmehl stark zu reduzieren.

Mehr zur Wirkung von Zucker und empfehlenswerten Alternativen findest du hier.

Quintessenz

  • Kohlenhydrate in Form von gekochtem Getreide sind in der TCM ein sehr wichtiger Bestandteil einer gesunden Ernährung.
  • Kohlenhydrate in Form von Zucker und Weißmehl gelten auch in der TCM als ungesund.
  • Übrigens: Auch Gemüse enthält Kohlenhydrate. :)
  • Ungekochtes Getreide und Brot gelten als schwer bekömmlich und weniger empfehlenswert.
  • Ganze gekochte Getreidekörner (besonders vom Weizen, Gerste, Hafer, Dinkel) sind schwerer bekömmlich als Flocken, Grieß, Bulgur.
  • Weißer Reis, Hirse, Polenta, Quinoa gelten als sehr gut bekömmlich und wertvoll.
  • Achte auf deine Verdauung und finde heraus, welche Getreidesorten in welcher Menge dir gut tun (und schmecken).
  • Getreide wegzulassen ist nur notwendig, wenn du Zöliakie hast oder eine Glutenunverträglichkeit (glutenfreie Getreide sind z.B. Hirse, Polenta, Quinoa, Reis).

Falls du noch Fragen dazu hast, freue ich mich auf deinen Kommentar! :)

Kommentare

Mit Diabetes 2 auch so viele Kohlenhydrate?
Geht das?

Liebe Ursula,
in Bezug auf Diabetes 2 möchte ich dir folgenden Blog von Katharina ans Herz legen:
https://www.ernaehrungsberatung-wien.at/blog/diabetes-nach-tcm-ursachen-...
Laut TCM gibt es verschiedene Ursachen für Diabetes 2. Ich empfehle dazu eine ausführliche Anamnese bzw. Ernährungsberatung.
Liebe Grüße
Elfi (Assistentin von Katharina)

Hallo,

also ich habe gestern mal wieder ein Porrdige aus Haferflocken gegessen und das nur ein bisschen und habe sofort wieder einen Absturz bekommen und bin extrem Müde und fertig gewesen.

Beim Dinkel Porridge letzte Woche habe ich auch gemerkt das es mir nicht so gut tut.
Schon merkwürdig, da es ja so toll sein soll.

Das komische ist ich konnte es schonmal besser essen , auch aus den industriellen Haferflocken gekocht. Jetzt nicht mehr.

Quinoa, Linsen, Möhren das funktioniert wunderbar.

Hülsenfrüchte funktionieren ganz gut, weil meine Nierenenergie (Nierenfeuer) nicht so ist wie es sein soll. Daher ja auch in jungen Jahren Haarverlust.

Aber schon merkwürdig warum ich bei einem Porridge einen so dermaßen heftigen Absturz bekomme, wenn es doch so gut sein soll !

Es ist egal ob ich es frisch Flocke oder Flocken kaufe.

Irgendwas agiert da auf der Milzbahn das ich das nicht essen kann. Bei Reis gehts mir auch nicht so gut, ich bekomme von beiden Sodbrennen (Porridge, Reis), also irgendwas stagniert da.

Ob es am Metallelement liegt, keine Ahnung.
Quinoa soll ja Feuer sein und Dinkel Holz.

Quinoa geht ohne Probleme.

Aber es schreibt auch jeder was was anderes, diverse Bücher , Internetseiten, jeder ordnet es anderen Elementen zu.

Man muss also die ganze Beobachtung an sich selber testen und alles selbst rausfinden da bringen mich viele Schriften aus der TCM nicht wirklich weiter.

Denn ich reagier komplett anfällig auf das, was viele in der TCM als sehr gut und bekömmlich loben.

Aber auch nur so bekommt man eine sehr gute Bindung zum Körper und lernt und lernt. :D

Liebe Grüße Marcel

Lieber Marcel.

Mit Einem hast du ganz recht. Jede/r ist anders und jede/r verträgt auch die Dinge anders. Hast du dir denn schon einmal eine Ernährungsberatung überlegt um gezielt dein Thema ansehen zu können?
Bemerkst du bei den Haferflocken auch einen Unterschied von den glutenhältigen zu den glutenfreien Haferflocken? Möglicherweise reagierst du da sensibler? Das würde es beim Dinkel auch erklären.
Ansonsten kann ich dir nur eine TCM Ärztin empfehlen und eine Ernährungsberatung.
Die Frage ist logischerweise immer, was war davor da, was genau ist das eigentliche Thema?

Ich hoffe, dass du deinen Weg gut finden kannst!

Marina (Assistentin von Katharina)

Bild des Benutzers Marina S.

Hallo,
Ich wollte mal nachhorchen, ob du zur Hefe noch weitere Informationen hättest. Welche Formen der Hefe wirken befeuchtend, also eher störend? Wie agieren sie im Darm? Bzw. sind sie bspw. in gebackener Form noch "aktiv", nachdem sie gegessen wurden? Hefe gilt ja oft auch als nährreich.
Das würde mich sehr freuen. Auch eine Buchempfehlung würde mir schon super reichen.
Besten Dank und Gruß,
Benno

Lieber Benno.

Leider kann ich dazu nur zurückmelden, dass Hefe befeuchtend wirkt. Mehr konnte ich dazu leider nicht in Erfahrung bringen.

Alles Liebe,
Marina

Bild des Benutzers Marina S.

wenn ich getreide lange einweiche, dann bis zu 4 Stunden koche ! Sind dann die Inhaltsstoffe des Getreides in die Flüssigkeit übergegangen.
Ich vertrage die Ballaststoffe nicht, und möchte darauf verzichten.

mfg
Andreas

Danke lieber Andreas für deine Anfrage.

Wie Katharina oben beschrieben hat, ist Getreide grundsätzlich besser verdaulich, wenn es eingeweicht und gekocht wurde. Wenn du ein Getreide länger kochst, bekommst du ein sogenanntes Congee. Es baut dich auf. Ob allerdings die Ballaststoffe ganz weg sind, kann ich dir gar nicht genau sagen. Es ist definitiv bekömmlicher soviel steht fest.

Ich wünsche dir viel Spaß beim Kochen.

Alles Liebe,
Marina (Assistentin von Katharina)

Bild des Benutzers Marina S.

Danke für den tollen Beitrag, wie steht es um die in der Familie heissgeliebte Pasta? Gibt es da auch "gesündere"? Auf was ist da zu achten?

Liebe Edith.

Ja die heißgeliebte Pasta. Wie Katharina schreibt. Es kommt immer auf die Dosierung an. Für manche Typen ist Weißmehl auch kein Problem. Sofern du aber merkst, dass es dir nicht gut tut, würde ich auf Alternativen umsteigen.
Mittlerweile gibt es ja sehr leckere Alternativen, wie Reisnudel, Kichererbsennudel, Linsennudel, Erbsennudel, Buchweizennudel, Hirsenudel, etc. Ich denke es ist wichtig auf den eignen Körper zu achten. Ihr könnt diese Alternativen ja einfach einmal durchprobieren. Nicht jedem schmecken sie auch so gut.

Viel Spaß beim Testen.
Alles Liebe,
Marina (Assistentin von Katharina)

Bild des Benutzers Marina S.

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