Bin ich eine schlechte Mutter, weil meine Kinder nicht täglich Eis bekommen?

Ein Kind sitzt am Strand und isst Eis, dahinter das Meer.

Letzte Woche (Juni 2017) habe ich einen Post auf Facebook veröffentlicht, der auf ungewöhnlich großes Interesse gestoßen ist (62 Kommentare bis heute und über 14.000 erreichte Personen).

Darin habe ich geschrieben, dass ich es schwierig finde, meinen Kindern weiterhin nicht öfter als einmal die Woche ein Eis zu geben, wenn gerade rundherum viele Kinder fast täglich eines essen.

Einige LeserInnen gaben mir Recht und schrieben, dass sie auch versuchen, ihren Kindern wenig Eis zu geben.

Andere hingegen fanden mich zu streng und meinten, ich solle den Kindern nicht den Spaß verderben. Eis essen im Sommer gehört nun einmal zu einer guten Kindheit dazu, und zwar öfter als einmal die Woche.

Und beim Lesen der Kommentare habe ich eine sehr interessante Reaktion bei mir bemerkt:

Ich bekam tatsächlich ein schlechtes Gewissen und fragte mich, ob ich meinen Kindern die Kindheit verderbe!

Kennst du dieses schlechte Gewissen auch?

Ich denke, es ist ziemlich weit unter uns Eltern verbreitet, deshalb schreibe ich diesen Artikel dazu.

Mache ich etwas falsch, weil ich meinen Kindern den Eisgenuss einschränke?

Das schlechte Gewissen merkte ich daran, dass ich anfing, mich in den Antworten auf die Kommentare zu rechtfertigen. Vor allem der Vorwurf, meinen Kindern das Eis zu verbieten, nagte an mir. Ich verbiete doch nichts, ich schränke nur ein!

Dann ging ich meinem schlechten Gewissen und dem Zwang, mich zu rechtfertigen, auf den Grund und fand Folgendes heraus:

Ja, ich verbiete meinen Kindern wirklich so manches. Nicht unbedingt Eis, denn das bekommen sie ein bis zweimal die Woche und im Urlaub auch öfter. Aber zum Beispiel verbiete ich ihnen Cola zu trinken, da ich es für sehr schädlich halte.

Und ist das so schlimm, den Kindern bestimmte Nahrungsmittel oder Getränke zu verbieten?

Ich denke, die Antwort hat mehrere Aspekte.

Deine persönliche Geschichte mit Eis, Süßigkeiten und Co.

Wenn du als Kind immer auf Eis verzichten musstest und darunter gelitten hast, willst du es für deine Kinder wahrscheinlich anders machen. Du hast vielleicht bemerkt, dass durch das Verbot erst ein richtiger Heißhunger entstanden ist und du damals oder heute süchtig auf Süßes bist. 

Oder – was in den Facebook-Kommentaren auch vorkam – dein Gusto auf Eis und Süßes hat sich trotz ständigem Vorhandensein von Süßigkeiten von selbst geregelt, das heißt, du konntest und kannst deinen Konsum gut kontrollieren.

Dazu kommt der Aspekt, dass wir gute Eltern sein wollen. Besonders, wenn wir selber sehr streng erzogen wurden, fällt es uns oft schwer, den Kindern etwas zu versagen.

Das Problem bei der Geschichte: Wir übertragen unsere eigene Geschichte auf unsere Kinder.

Das, was wir selbst erlebt haben, stimmt auch für sie. Wir haben es schließlich selbst erlebt! 

Aber unsere Kinder sind nicht wir. Sie wachsen ganz anders auf als wir und sind ganz eigene Persönlichkeiten. Und sie haben möglicherweise auch ganz andere gesundheitliche Herausforderungen und körperliche Voraussetzungen als ihre Eltern.

Meine Geschichte ist übrigens, dass ich unbegrenzt Zugang zu Süßem hatte und dann viele Jahre schokoladesüchtig war. Es hat sich bei mir definitiv nicht von selbst geregelt.

Ich hatte außerdem sehr oft Mittelohrentzündungen und bekam mit 12 Neurodermitis, die aus meinem heutigen TCM-Wissen heraus durch Schokolade und Co. mitverursacht wird.

Meine Erfahrungen übertrage ich heute auf meine Kinder, sie sollen gesund bleiben und keine Sucht nach Süßem entwickeln.

Und hier kommen wir zu dem Körnchen Wahrheit in meinem schlechten Gewissen nach dem Facebook-Post.

Ja, meine Kinder sind nicht ich. Sie sind eigene Persönlichkeiten und haben eine andere Konstitution als ich. Sie wachsen außerdem von Beginn an mit ganz anderer Ernährung auf als ich (gekochtes Frühstück (sie ) versus Kakao und Kuchen (ich)), bekommen fast keine Kuhmilch (ich habe davon sehr viel getrunken) und so weiter.

Ich werde also versuchen, sie noch mehr als eigenständige Menschen zu sehen und darauf vertrauen, dass sie sich gut entwickeln, auch wenn sie öfter Eis essen als einmal die Woche.

Hast du auch eine eigene Geschichte mit Eis und Süßigkeiten, die du vielleicht auf deine Kinder überträgst?

Selbstmitgefühl ist dabei für mich ganz wichtig. Wir sind keine schlechten Menschen, weil wir unsere Erfahrungen auf die Kinder übertragen und dabei manchmal übertreiben. Es ist einfach menschlich!

Zucker ist schädlich

Das ist der zweite Aspekt.

Ich kann dieses Wissen nicht einfach beiseitewischen. Zucker schwächt im Übermaß die Knochen, die Zähne, nimmt dem Körper Nährstoffe weg, stört die Darmflora und schadet nach TCM den Nieren. (Zucker, ein Energieräuber! Wie Zucker nach TCM wirkt und welche süßen Alternativen empfehlenswert sind)

Abgesehen von den Farbstoffen und anderen Zusatzstoffen, die in einem konventionellen Eis drin sind.

Als Mutter habe ich die Verantwortung, dass ich für ein gesundes Aufwachsen meiner Kinder sorge, so gut ich kann. So verstehe ich meine Elternrolle. 

Erst gestern hat mich meine Tochter Marlene (5) wieder gefragt, ob sie ein Eis haben darf. Ich verneinte und fragte sie, ob ich es ihr nochmal erklären soll, warum ich das nicht will. Sie sagte ja und war ganz interessiert daran, wie der Zucker im Körper wirkt. Und dass es einfach zu viel wird, wenn sie im Kindergarten schon einen Pudding oder Kuchen gegessen hat und danach noch ein Eis bekommt.

Es hilft also auch, wenn man mit den Kindern darüber spricht, das ist zumindest meine Erfahrung.

Verbote sind ebenfalls schädlich

Meine Auffassung von gesunder Ernährung (ob nach TCM oder anders) ist, dass es keine Verbote geben soll.

Weder von Kohlenhydraten noch von Zucker noch von Fleisch oder Wurst.

Wenn wir uns etwas verbieten, lenken wir erst recht unsere Aufmerksamkeit darauf und das Verbotene wird zu etwas Besonderem.

Deshalb dürfen meine Kinder auch alles essen.

Es ist allerdings eine Gratwanderung, da ja auch eine Einschränkung von Eis dazu führt, dass es etwas Besonderes ist.

Was ich daraus lerne: Perfekt gibt es nicht! Und muss auch nicht sein. Wenn wir uns bemühen, reicht das vollkommen aus. Ja, es ist sogar toll!

Meine persönliche Quintessenz:

Verbote dürfen also doch ab und zu sein. Und ich darf mich weiterentwickeln und meine Meinung auch mal ändern. Und ja – ich darf auch mal unsicher sein und an meinen Erziehungsmethoden zweifeln, auch wenn ich diplomierte Ernährungsberaterin nach TCM bin und mich auf Kinderernährung spezialisiert habe. :) Und eine gute Mutter bin ich auch.

Zum Abschluss noch ein paar Tipps zum Umgang mit Eis nach TCM

  • nicht täglich und keine Riesenmengen
  • etwas Warmes dazu trinken (das mildert die stark kühlende Wirkung auf das Verdauungsfeuer ab)
  • besser selbstgemacht als gekauft (um sich die Zusatzstoffe zu sparen und weniger Zucker drin zu haben)
  • auch selbst  gemachtes  Eis nicht täglich wegen der stark kühlenden und befeuchtenden Wirkung
  • Kuhmilcheis eher vermeiden und Fruchteis vorziehen (dann fällt zumindest die befeuchtende Wirkung der Kuhmilch weg)

Wie gehst du mit Eis und Süßigkeiten bei deinen Kindern um? Ich freue mich auf einen Erfahrungsaustausch in den Kommentaren!

Kommentare

Liebe Alexandra,
danke für deinen Kommentar und das Teilen deiner persönlichen Erfahrungen! Es ist schön zu wissen, dass wir nicht alleine mit unseren Ansichten sind. :)
Liebe Grüße,
Katharina

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Liebe Katharina - uns hilft beim Einschränken, dass wir durch den wunderbaren Eissalon in Kaisermühlen sehr verwöhnt sind, was Eis betrifft ;-) meine Mädels fragen Eis anderswo gar nicht so nach ...
Im Sommer allerdings ist der abendliche Spaziergang zum Trento auf ein "Schleckeis" aber eine so lieb gewordene Familientradition geworden, dass ich die nicht einschränke, es geht sich sowieso nicht täglich aus.
Ich denke auch, dass es nicht nur wichtig ist, was man ist, sondern auch wie man etwas zu sich nimmt - und ein gemeinsam genossenes Ritual bestimmt auch "schadensbegrenzend" wirkt
Liebe Grüße, Vera

Liebe Vera,
danke für deinen Kommentar! Ja, das gemeinsam genossene Ritual hilft sicher bei der Verdauung. :)
Liebe Grüße,
Katharina

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Liebe Katharina, mir ist dazu gerade etwas anderes eingefallen: Den Kindern geht es vermutlich nicht so um das Eis essen. Könnte die Mama ja auch zu Hause selbst machen und dann dort geben. -

Es geht den Kindern um das Nicht-ausgegrenzt-Sein! Also: Max darf unterwegs Eis essen, ich darf es nicht. Ich habe zwar Zuhause Eis, aber alle Kinder sehen, dass ich "unterwegs" kein(!) Eis essen darf. Deshalb bin ich weniger "wer" als andere Kinder, denn ich darf ja unterwegs kein Eis essen.

Das betreffende Kind sagt vielleicht zu sich selbst: "Wenigstens 1x in der Woche öffentlich ein Eis essen, dann sehen die anderen Kinder, dass ich zu ihnen gehöre und nicht ausgegrenzt bin". --- Was hältst Du von dieser Überlegung?

Liebe Gundula,
danke für deinen Kommentar!
Das ist ein neuer Aspekt, der mir noch nicht eingefallen ist. Das werde ich mal beobachten, danke!
Liebe Grüße,
Katharina

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Schreibfehler: Nicht "wer" sondern "wert" ...

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