5 Learnings aus dem Schweigeretreat

Foto eines Steinestapels vor grünem Hintergrund (pixabay, von Karen Arnold)

Gestern bin ich von meinem Schweigeretreat am schönen Mondsee (ZENtrum Mondsee) zurückgekommen und möchte hier meine 5 Learnings daraus mit dir teilen. Vielleicht inspirieren sie dich dazu, auch einmal so etwas auszuprobieren! Es waren wundervolle 5 Tage - teilweise anstrengend und voller innerer Widerstände, aber reich an wertvollen Erkenntnissen und erhebenden Momenten von Glück, Dankbarkeit und Liebe. Ich fühle mich klarer und frischer als vor diesen Tagen und mit einem erneuerten Fokus auf das, was wirklich wichtig für mich ist: im Einklang mit meinem Herzen und meiner Seele zu leben, angeleitet von Mitgefühl und Liebe und Freude. Ich freue mich auf die kommende Zeit und darauf, meine neu gewonnenen Erkenntnisse im Alltag umzusetzen! Denn genau dort findet ein achtsames Leben statt – und nicht auf dem Meditationshocker oder der Yogamatte.

Vorab ein paar Worte zum Ablauf dieser Tage, damit du dir mehr darunter vorstellen kannst.

Es gab eine genaue organisatorische Struktur, beginnend zwischen 6 und 7 Uhr mit einer Morgenmeditation, endend gegen 21.30 Uhr mit der Abendmeditation. Wir aßen zu fixen Zeiten in der Gruppe das frisch gekochte vegetarische Essen von der Leiterin Marion Hötzel (mmh, war das gut!), auch das in Schweigen. Dazwischen gab es Meditation im Sitzen, Bewegen und Liegen, teilweise angeleitet, teilweise ohne Anleitung. Außerdem gab es immer wieder Musik und kurze Geschichten und Erläuterungen zur Achtsamkeit, Buddhismus und Meditation. Jeden Tag gab es die Möglichkeit, 5-10 Minuten mit Marion oder Bernhard Hötzel zu sprechen, um mögliche Hindernisse oder Probleme zu adressieren.

Unsere Gruppe umfasste 20 Menschen und nach einer Vorstellungsrunde zu Beginn schwiegen wir die ganze Zeit. Außerdem sahen wir uns auch nicht in die Augen, lasen nichts und schalteten das Handy aus. Das hat übrigens niemand kontrolliert, es waren nur Empfehlungen. Der Sinn ist der, dass man sich in diesen Tagen ganz sich selbst widmet und Ablenkungen vermeidet. Das Schweigen fiel mir nicht schwer, das empfand ich als sehr angenehm. Aber das Verzichten aufs Lesen hat mir teilweise ziemlich zugesetzt. Dabei habe ich genau wahrgenommen, dass mir das, was in meinem Kopf alles abläuft, zu viel wird und ich mich davon mit meinem Krimi ablenken möchte. Wenn man diesen Ablenkungen widersteht, ist die Belohnung ein umso tieferer Zugang zur eigenen Seele und oft auch zu neuen Erkenntnissen über sich und das Leben. Aber es ist nicht einfach!

Andere TeilnehmerInnen berichteten in der Abschlussrunde (das Schweigen wird in den letzten 3 Stunden aufgelöst und es gibt ausreichend Zeit für den Erfahrungsaustausch), dass es für sie fast nicht zu ertragen war, niemandem in die Augen schauen zu dürfen. Es ist interessant zu merken, dass auch das eine echte Nahrung für die Seele ist.

Da ich dieses Retreat schon zum dritten Mal gemacht habe (mit einer Pause im letzten Jahr), wusste ich schon, was auf mich zukommt, was es einfacher macht. So konnte ich mich ganz auf diese Erfahrung einlassen und auch besser als früher mit den Widerständen umgehen, die bei fast allen TeilnehmerInnen früher oder später auftreten (z.B. Ungeduld beim Sitzen oder Einschlafen bei den Meditationen im Liegen und Ankämpfen dagegen). So komme ich mir jedes Mal wieder etwas näher und ich habe das Gefühl, eine weitere Schicht in mir zu entdecken. Das finde ich sehr schön und lohnend!

5 Learnings aus dem Schweigeretreat

1. Meditation bedeutet nicht, sich hinsetzen zu müssen und an nichts zu denken. Meditation bedeutet, sich mit dem Atem zu verbinden (also einfach bewusste, tiefe Atemzüge zu machen) und in sich hinein zu spüren, voll und ganz im Moment zu sein. Und das kann man überall und jederzeit machen, etwa auch beim Warten an der Supermarktkasse oder am Abend vor dem Einschlafen. Dass dabei Gedanken aufkommen und ablenken, ist ganz normal. Einfach wahrnehmen und zum Atem zurückkommen - ohne eine große Sache daraus zu machen. Das ist so erleichternd, das zu wissen, empfindest du das auch so?

2. Ich habe wieder deutlich gemerkt, dass ich sämtliche Gefühle in mir habe. Nicht nur angenehme wie Freude, Liebe und Mitgefühl, sondern auch Missgunst, Neid und Angst. Alle gehören zu mir und dürfen da sein, alle sind menschlich und jede/r von uns kennt sie. Kein Grund, mich zu verurteilen oder böse mit mir zu sein! Natürlich suhle ich mich nicht in meiner Missgunst, sondern ich lächle ihr zu und sage "oh, hallo, da bist du ja wieder, interessant!". Und dann schaue und fühle ich genauer hin, was dahinter steckt (oft ist es Angst oder ein Trigger aus der Kindheit). Alleine dadurch löst sie sich meistens eh gleich auf. Kennst du auch den Wunsch, all die unangenehmen Gefühle weghaben zu wollen, husch, fort damit? Vielleicht magst du auch einmal probieren, sie mal da sein zu lassen, auch wenn es zuerst nur einige Sekunden sind.

3. In mir ist eine sehr große Verletzlichkeit, das hat sich teilweise ganz roh und nackt angefühlt. Ich denke, ich habe diese Verletzlichkeit viele Jahre mit einem dicken Schutzpanzer umgeben, damit mir nichts passieren kann. In den letzten Jahren bricht der Panzer langsam auf und ich habe gelernt: Ohne Verletzlichkeit auch kein tiefes Glück! Wenn ich die Verletzlichkeit vermeiden will, kann ich auch keine wahre Verbindung, Liebe und Mitgefühl erleben. Ein echtes Aha-Erlebnis für mich, obwohl ich darüber rein theoretisch natürlich Bescheid wusste. Interessant ist für mich, dass ich diesen Schutzpanzer über viele Jahre gar nicht wahrgenommen habe, ebenso wenig wie die Verletzlichkeit darunter. Was gibt es noch, das ich nicht wahrnehme und das mich davon abhält, mein Leben voll und ganz zu leben?

4.  Das Leben ist ein Wunder und ein großes Geschenk. Das habe ich in diesen Tagen so deutlich gespürt wie nie zuvor. Auch wenn ich mich schon mehrere Jahre mit Achtsamkeit beschäftige, hat sich meine Dankbarkeit für dieses Leben noch einmal sehr vertieft. Danke, dass ich hier sein darf, die Bäume und Blumen sehen kann, köstliches Essen schmecken und genießen kann, meine Liebsten umarmen darf, Musik hören kann, schöpferisch tätig sein kann und so vieles mehr. Ich merke, dass ich in den letzten Jahren gelernt habe, auch an den angeblich kleinen Dingen immer mehr Freude zu empfinden und sie dankbar zu genießen, wie etwa einen Spaziergang durch einen Wald, ein gutes Gespräch oder einfach die frische Morgenluft. Wofür bist du heute dankbar?

5. Der Weg ist das Ziel und die Erleuchtung kommt nie. Ich habe aufgehört, auf den Moment zu warten, an dem alles perfekt ist. Der Moment, an dem ich vollkommen glücklich, mich nichts und niemand mehr ärgern kann und ich immer im inneren Frieden bin. Der Moment, an dem ich keine Süßigkeiten mehr brauche, nur noch Lust auf gesundes Essen habe und von früh bis spät fröhlich und ruhig bin. Dieser Moment wird nie kommen. Seit ich das begriffen habe (ok, fast begriffen habe, ab und zu hoffe ich doch noch auf die Erleuchtung), ist viel Druck von mir abgefallen und ich kann meistens gut akzeptieren, dass es einfach menschlich ist, zu zweifeln, zu streiten, Angst zu haben und so weiter. Ich versuche, im Jetzt und Hier zu leben und heute glücklich zu sein, statt das auf irgendeinen Punkt in der Zukunft zu verschieben. Wann hast du vor, glücklich zu sein?

Was sind deine Erfahrungen mit Achtsamkeit und Meditation? Ich freue mich, in den Kommentaren darüber zu lesen. Gerne beantworte ich auch Fragen.

Wenn du mehr zu Achtsamkeit, Umgang mit Gefühlen und den Weg zu einem erfüllteren Leben erfahren möchtest, empfehle ich dir mein Buch "Wie du dich besser fühlst. Mit Achtsamkeit zu mehr Zufriedenheit", mit vielen konkreten Tipps und Beispielen aus meinem persönlichen Leben!

Kommentare

Liebe Katharina,
vielen Dank für deine Offenheit und das du mich/uns an deiner Entwicklung und sehr persönlichen Erfahrungen teilnehmen lässt. Ich kann bei alle 5 Punkten deines "Learnings aus dem Schweigeretreat"nur sagen: ja, ja, ja,ja, ja! Und trotzdem ist es immer wieder schwer diese Erkenntnisse in den Alltag zu retten. So geht es mir zumindest. Aber es lohnt sich jeden Tag ein wenig mehr Achtsamkeit/Entschleunigung/Meditation oder einfach etwas, was einem gut tut, einzubauen - es ist der Weg!! Danke dir Katharina. Hab ein schönes Wochenende.
Liebe Grüße aus Köln von Larisa

Liebe Larisa,
danke für deinen Kommentar! Ja, der Alltag ist eine große Herausforderung, ich versuche, die täglichen Ereignisse als Übungsmöglichkeiten zur Achtsamkeit zu sehen (was mir natürlich auch nicht immer gelingt - dann bin ich mitfühlend mit mir selbst und probiere es weiter ;) ).
Liebe Grüße,
Katharina

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