Warum Diäten sinnlos sind - einige Denkanstöße

Foto von grünem Salat

Das Thema Abnehmen spielt eine wichtige Rolle in unserer westlichen Gesellschaft, in der ein schlanker Körper zu einem immer größeren Statussymbol wird und Übergewicht als Grundböses gesehen wird.

Lies hier, warum Diäten dir auf Dauer nicht helfen können.

Oft ist es so, dass Diäten kurzfristig helfen - man nimmt wirklich einige Kilo ab. Aber nach einigen Monaten oder Jahren sind die verlorenen Kilos wieder da, und sehr oft auch mehr. Das ist der viel zitierte Jojo-Effekt.

Woher kommt dieses Phänomen?

Ich möchte hier ein paar Denkanstöße dazu geben, aus Sicht der TCM und aus westlicher Sicht.

TCM: Diäten schwächen das Qi - und das brauchen wir zur Verwertung der Nahrung

Qi - die "Lebensenergie", die alle Organe versorgt - wird zu 90 % aus der Nahrung gewonnen. Das heißt, das, was wir essen, verwendet unser Körper für die Blutherstellung, die Körperwärme, die Energie, um morgens aufzustehen, das Immunsystem usw.

Für eine optimale Versorgung brauchen wir

1. hochwertige Nahrungsmittel und

2. eine gut funktionierende Verdauung (nach TCM: Milz-Qi), die aus den Nahrungsmitteln das Qi herstellen kann.

Wie erreicht man nun eine gut funktionierende Verdauung?  

Indem die Nahrung bekömmlich zubereitet wird (z.B. gekocht wird) und schwer Verdauliches (z.B. fettes Fleisch, Süßigkeiten, Brotmahlzeiten, kalte Getränke) reduziert wird.

Das ist bei jedem individuell verschieden und ich empfehle dir, auf die Anzeichen einer Unbekömmlichkeit zu achten, wie Blähungen, Völlegefühl und Aufstoßen.

Ein weiterer wichtiger Punkt: Regelmäßig essen!

Das heißt, 3 bis 5 Mahlzeiten am Tag, am besten mindestens zwei davon gekocht.

Bei Diäten passiert Folgendes:

Durch die Bevorzugung "gesunder" Nahrungsmittel wie rohes Obst und Gemüse und das Auslassen von Mahlzeiten kommt es zu einer Schwächung der Verdauungskraft und des Qi.

Eine Zeitlang arbeitet der Körper noch mit seinen Reserven und baut trotzdem Kilos ab, aber bald geht es nicht mehr weiter. Ohne Qi gibt es auch kein Abnehmen!

Die Unterversorgung mit Nährstoffen hat negative Folgen für die Gesundheit und die Psyche. Man wird gereizt und unleidlich.

Das Verbot von kalorienreichen Lebensmitteln führt außerdem bald zu Heißhungerattacken auf genau diese verbotenen "Sünden".

Was empfiehlt die TCM?

  • Iss regelmäßig qualitativ hochwertige gekochte Speisen, unter Rücksichtnahme auf die individuelle Bekömmlichkeit 
  • Iss dich in der Früh und zu Mittag satt (aber nicht überessen) und am Abend leicht und nicht zu spät
  • Dann kommt nach einer Weile kein Heißhunger nach Süßem oder Fettigem mehr auf.

Westlich: die Theorie des "egoistischen Gehirns"

Der Hirn- und Stressforscher Achim Peters hat diese Theorie entwickelt und ein Buch darüber geschrieben.

Es geht darum, dass unser Hirn in Stresssituationen viel Glucose braucht und dieses Bedürfnis so stark ist, dass der restliche Körper quasi unterjocht wird und die anderen Organe ausgebeutet werden. Gleichzeitig kommt es zu Hungerattacken, wenn zu wenig Glucose aus der Nahrung aufgenommen werden kann.

Buchtipp: Mythos Übergewicht. Warum dicke Menschen länger leben, Achim Peters

Der Ursprung dieses Mechanismus liegt in der Evolution. Bei Gefahr durch ein wildes Tier - also bei Stress - war es wesentlich, schnell zu reagieren und wegzulaufen, das heißt, das Gehirn musste optimal funktionieren. Dazu braucht es eben viel Glucose bzw. Energie.

Das Problem heute liegt darin, dass viele Menschen dauerndem Stress ausgesetzt sind. Das Gehirn wird damit ständig in einen Alarmzustand versetzt und sendet Glucosehunger.

Also sitzen wir im Büro, E-Mails wollen beantwortet werden, das Telefon läutet alle 5 Minuten und der Chef will uns sprechen - und wir bekommen Hunger auf Schokolade, Wurstsemmeln und Kekse und essen und essen.

Gleichzeitig müssen wir stillsitzen und können den Stress nicht durch Weglaufen bzw. Bewegung abbauen.

Fazit: Bei Stress hilft keine Diät - der Körper lässt sich nicht austricksen

(übrigens auch nicht durch künstliche Stoffe wie Süßstoffe und Diätprodukte - diese führen nur zu größerem Appetit) 

Peters empfiehlt deshalb, zuerst an den Emotionen und dem Stress zu arbeiten, dann käme das Abnehmen von alleine.

Das halte ich für einen sehr interessanten Ansatz!

Essen ist einfach nichts Rationales, sondern wir setzen es oft ein, um uns zu beruhigen, zu belohnen oder auch um Ärger "weg"zuessen. Kennst du das auch?

Unsere Gesellschaft und Arbeitswelt sind sehr leistungsbetont und die Arbeitsbedingungen oft wirklich lebensfeindlich. Da ist es nicht einfach, den Stress einfach mal zu reduzieren. 

Statt teuren Gesundheitsprogrammen wäre die Politik aus meiner Sicht gefordert, die Arbeits- und Lebensbedingungen zu verbessern, aber das ist wohl entfernte Zukunftsmusik.

Wichtig ist, dass Menschen mit Gewichtsprobleme sich nicht selbst die Schuld geben, sondern den Anteil unserer stresserzeugenden Lebensumstände sehen. Es wird einem wirklich schwer gemacht, gesund zu leben!

Vielleicht möchtest du trotzdem meine "12 Tipps, um gesund nach TCM abzunehmen" lesen, auch wenn die TCM-Ernährung zum Thema Abnehmen auch nicht den Stein der Weisen gefunden hat. Weil es den nicht gibt...

Was ist deine Erfahrung mit Diäten? Hast du für dich eine Lösung gefunden, gesund und dauerhaft abzunehmen? Ich freue mich auf deinen Kommentar!

Kommentare

Hallo Katharina,
ich mache zum Abnehmen das sogenannte Bright Line Eating. Es ist KEINE Diät, sondern eine Ernährungsumstellung. Bright Line vor allem, weil eine klare Linie zu Süßem und mehlhaltigem wie Brot, Nudeln etc. gemacht wird (nicht erlaubt).
Denn Süßes und Mehlhaltiges wirkt wohl im Gehirn wie eine Droge (zumindest bei manchen Menschen, ich gehöre eindeutig dazu). Ich fahre damit ganz gut.

Viele Grüße, Sabine

Liebe Sabine,
danke für deinen Kommentar! Ja, ich kenne den Blog zum Bright Line Eating und finde die Prinzipien sehr interessant (https://brightlineeating.com/blog/) und Susan, die Gründerin, eine tolle Frau. Für mich persönlich ist die Ernährung zu strikt, aber ich denke, es kommt stark darauf an, woher man kommt. Und sie wendet sich ja hauptsächlich an diejenigen, die abnehmen wollen und eben ein suchtartiges Verhältnis zum Essen haben. Super, wenn es dir damit gut geht!
Liebe Grüße,
Katharina

Bild des Benutzers Katharina

Liebe Katharina,

was genau verstehst du unter "leicht" essen und "nicht zu spät"? Ist "leicht" zB gekochtes Gemüse ohne Kartoffeln/Getreide als Beilage?
Es hat sich bei mir - auch durch Arbeitszeitumstellungen und co, leider gerade eingeschlichen, dass ich zwar morgens einmal gut frühstücke, wenn ich dann aber Mittags etwas warmes esse, dann fühle ich mich für den Rest des Tages aufgebläht und schwer. Also greife ich auf eine Kleinigkeit zurück (Obst, Brot o.ä.).
Dann bekomme ich allerdings abends richtig Hunger auf eine warme Mahlzeit - leider arbeite ich oft bis 20/21 Uhr. (vormittags freiberuflich, 4 Tage ab nachmittags bis abends in Teilzeit im Büro - so viel sitzen tut mir auch grad nicht gut...) Dann noch zu kochen ist einfach nicht zielführend...
Dadurch bin ich gerade wieder etwas schwerer geworden und möchte ein paar konkrete Dinge ändern ohne in ein Diäthamsterrad zu geraten...
Hast du da einen Tipp für mich?

Lieber Gruß, Marie

Liebe Marie,
danke für deinen Kommentar!
Ja, leicht bedeutet z.B. gekochtes Gemüse mit Reis oder auch mit Fisch, wenn man Getreide nicht gut verträgt. Suppen eignen sich auch gut, weniger eine Brotmahlzeit.
Vielleicht liegt es daran, was du zu Mittag isst, oder du isst ein bisschen später. Ich würde probieren, ob die Blähungen bei jedem Essen auftreten oder ob du herausfinden kannst, dass es an etwas Speziellem liegt (z.B. Kantinenessen oder spezielle Zutaten). Und für den Abend möglichst oft etwas vorbereiten, das du nur aufwärmen musst (am Wochenende vorkochen etc.).
Liebe Grüße,
Katharina

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Hi Daggi, es gibt unendlich viele Wissenschaftler die uns ihre Weisheiten vermitteln wollen. Ich bin immer sehr skeptisch, denn was vor Jahren angeblich gut und richtig war, sieht heute ganz anders aus. Siehe Pro + Contra zu Süßstoff oder der Rechenfehler beim Eisengehalt vom Spinat :(
Und Glaubenssätze sind manchmal "nicht ohne". Essen ist ein Grundbedürfnis des Menschen und wenn es mir gut geht, esse ich besonders gern. Ich kann deine Einstellung: Wenn es mir gut geht, esse ich NICHT, nicht wirklich verstehen. Sicher wolltest du etwas anderes sagen und hast es nur ungeschickt formuliert- oder?

nein Anna, meine Formulierung war so gemeint. Wenn ich innere Konflikte habe, schreit mein Hirn nach Nahrung. Wenn es mir gut geht, braucht es wenig. Das ist vielleicht bei jedem anders.

Liebe Anna und liebe Daggi,
ich denke, ihr habt beide Recht! Wenn es uns gut geht, essen wir sehr gerne und genießen vielleicht ein schönes Mittagessen mit Freunden oder Familie. Gutes Essen gehört auch für mich zu einem schönen Leben einfach dazu.
Wenn es uns schlecht geht, neigen wir dazu, für uns Unbekömmliches und eher Ungesundes zu essen, oft zu viel und auch eher alleine als in Gesellschaft. Und mit weniger Genuss, als eher mit einem Gefühl des Zwangs.
So erlebe ich es zumindest!
Liebe Grüße,
Katharina

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Hallo liebe Katharina, Mitgefühl mit einem dicken Körper zu haben ist ein sehr guter Anfang! Das fühlt sich echter an als der von mir kritisierte Satz: Man muss sich "nur" lieben können. Danke für diesen Impuls.

Anna, das Buch kein Diätbuch und kein Psychoratgeber. Achim Peters ist Wissenschaftler und klärt darüber auf, warum wir essen - oder nicht. Mir hat es geholfen dass er beschreibt und beweist, was ich immer geahnt hatte: Wenn es mir gut geht, habe ich kein Bedürfnis zu essen.

Danke, dass auch du das revolutionäre Buch Mythos Übergewicht bewirbst. Leider fehlt mir dabei die wirklich entscheidende Erkenntnis von Achim Peters, dass es Menschen gibt, die das Essen bei Stress brauchen um gesund zu bleiben. Es ist ihr (überlebens-)Vorteil und Schutz!
Das Buch hat mich von meinem jahrzehnte langen Schuldgefühl für meine Figur befreit. Ich weiß jetzt, dass ich zu dem Typ Mensch gehöre, der genetisch bedingt die gesunde (!!!) Eigenschaft hat, bei Stress zu essen und nun zwar dick, aber trotzdem gesund ist. Ohne Essen wäre ich bei meinem Stress wohl sehr krank geworden. Jetzt geh ich mit 150 kg trotzdem ins Schwimmbad.... Ich arbeite an meinem Stressproblem mit dem Ziel, beweglicher zu werden und mich wohler zu fühlen. Maybe.
Peters klärt über die Gefahren von Diäten und Magenband & Co. auf, sehr interessant und verständlich geschrieben, mit sehr fachlichem Hintergrund. Das Buch hat mich befreit, ich bin dankbar!

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